Die geeignete Therapieform der Adipositas richtet sich zunächst nach der Ausprägung der Adipositas selbst. Bei Präadipositas sowie Adipositas Grad I und II sollte die Behandlung eine stetige und nachhaltige Gewichtsreduktion zum Ziel haben. Eine Ernährungs- und Verhaltensumstellung sind für den Erfolg der Therapie unabdingbar.
Häufig versuchen Patienten, die Gewichtsreduktion in Eigenregie durchzuführen. Allerdings besteht die Gefahr, ohne ein Basiswissen über Lebensmittel und den geeigneten Sport, einen Jo-Jo-Effekt zu provozieren. Eine Aufklärung durch den Hausarzt sowie eine stetige ärztliche Kontrolle während der Gewichtsabnahme ist deshalb empfehlenswert.
Ab einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 40 kg/m² bzw. einem BMI-Wert von über 35 kg/m² mit bereits assoziierten Folgeerkrankungen können adipositaschirurgische Maßnahmen zur Therapie infrage kommen. Damit eine Adipositaschirurgie von der Krankenkasse übernommen wird, muss der Patient über sechs Monate das sogenannte multimodale Konzept als konservative Therapie befolgen, was sich aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzt.
Das multimodale Konzept verbindet drei Therapiestrategien, die einerseits Voraussetzung für einen operativen Eingriff sind, andererseits auch drei Komponenten für einen langfristigen Erfolg bei Adipositas Grad I oder II bieten. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) bezeichnet diese Kombination aus Ernährungsumstellung, mehr Bewegung und einer Verhaltenstherapie auch als Gewichtsmanagement, das nur in dieser Konstellation der drei Elemente Erfolg versprechend sei.
Der erste Baustein des multimodalen Konzepts ist die Ernährungstherapie. Die Leitlinie zur „Prävention und Therapie der Adipositas“ der DAG weist darauf hin, dass Patienten mit Adipositas eine individualisierte Ernährungsempfehlung erhalten sollen, die sowohl an das Therapieziel und das Risikoprofil als auch an die jeweiligen Lebensbedingungen angepasst werden soll. Zusätzlich zur individuellen Betreuung, können Beratungen zur Ernährung als Gruppentherapie stattfinden. Das tägliche Kaloriendefizit sollte bei etwa 500 Kalorien pro Tag liegen. Dies kann durch eine verringerte Aufnahme von Fett oder Kohlenhydraten sowie einer Kombination aus beidem geschehen.
Für die Ernährungstherapie vor einem adipositaschirurgischen Eingriff ist es entscheidend, dass die Behandlung zum Beispiel durch einen Ernährungsmediziner oder einen Diätassistenten, in jedem Fall aber durch eine dritte Person aus einem ernährungstherapeutischen Beruf unterstützt werden soll. Eigenständige Diät-Versuche können für das multimodale Therapiekonzept nicht berücksichtigt werden.
Die Komponenten Sport und Bewegung bilden die zweite Säule des multimodalen Konzepts. Die Bewegungstherapie richtet sich vor allem nach dem Ziel, die tägliche Energiebilanz des Patienten zu negativieren. Diese Energiebilanz berechnet sich einerseits aus der täglichen Nahrungszufuhr, andererseits zu einem nicht unerheblichen Teil aus der körperlichen Betätigung. Gemäß der Leitlinie der DGA sollen Bewegungseinheiten von mehr als 150 Minuten in der Woche erfolgen. Ein Energieverbrauch zwischen 1.200 und 1.800 Kalorien sollte wöchentlich erreicht werden.
Welche Bewegungsform für den Patienten sinnvoll und schonend sein kann, ist individuell verschieden. Generell ist die Bewegungstherapie darauf ausgerichtet, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren und leichte Sportarten wie Schwimmen, Nordic Walking oder auch Radfahren wahrzunehmen. Voraussetzung für die Bewegungstherapie ist die körperliche Untersuchung beim behandelnden Arzt, um eventuell schädigende Sportarten auszuschließen.
Der dritte Baustein des multimodalen Konzepts ist die Verhaltenstherapie. Diese erstreckt sich in der Regel über einen Zeitraum von etwa 18 Wochen. Die Art der Verhaltenstherapie richtet sich nach der Empfehlung des behandelnden Arztes und kann einerseits eine kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlung oder eine Lebensstilintervention sein. Beide Varianten zielen darauf ab, dem Patienten sein Verhalten bewusst zu machen und ihm bei der Selbstreflexion und der Veränderung seiner Lebensgewohnheiten unterstützend beizustehen.
Zur Therapie können Maßnahmen wie Konfliktlösetraining, Rückfallprävention, Umstrukturierungen der Gedankenmuster oder die Einübung individueller Muster zum Bewegungs- und Essverhalten gehören. Im besten Fall greift die Verhaltenstherapie unmittelbar in das Erlernte aus der Ernährungstherapie und bildet einen Grundstein für das Leben nach der Gewichtsreduktion.
Voraussetzung für die Adipositaschirurgie ist die Einhaltung des multimodalen Konzepts für mindestens sechs Monate. Die S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie weist darauf hin, dass in besonders schweren Fällen des Adipositas Grad III nur chirurgische Maßnahmen für eine dauerhafte Gewichtsreduktion infrage kommen. Sofern Folgeerkrankungen der Adipositas, wie zum Beispiel Diabetes mellitus Typ 2 oder eine koronare Herzerkrankung, diagnostiziert worden sind, kann auch bei Patienten mit einem BMI zwischen 35 und 40 kg/m² ein chirurgischer Eingriff sinnvoll sein.
Gemäß der Leitlinie kann in wenigen Einzelfällen ein chirurgischer Eingriff auch zur Prävention der weiteren Gewichtszunahme in Betracht gezogen werden, ohne dass zuvor eine konservative Therapie stattgefunden hat. Die Entscheidung für solch einen präventiven Eingriff treffen die Mediziner der Adipositastherapie und die Chirurgen gemeinsam. Auch die Entscheidung, welche Art der Chirurgie für den Patienten sinnvoll erscheint, wird von den Spezialisten gemeinsam entschieden. Die Leitlinie weist explizit darauf hin, die Verfahrensauswahl nach Alter, Geschlecht, BMI, Erkrankungen, Verhaltensmustern und Beruf des Patienten zu treffen.
Die häufigste Form des adipositaschirurgischen Eingriffs ist in den europäischen Ländern das Einsetzen eines Magenbands. Dabei wird ein Ring um den oberen Bereich des Magens gelegt, der für ein verringertes Volumen und damit für eine geringere Nahrungsaufnahme sorgt. Der durchschnittliche Langzeiterfolg liegt bei einer Reduzierung des Körpergewichts von 45 bis 55 Prozent.
Bei sogenannten Hochrisikopatienten wird häufig der chirurgische Eingriff des Schlauchmagens gewählt. Der Eingriff ist weitaus gravierender als bei einem Magenband, denn hierbei wird ein Großteil des Magens entfernt. Die Chirurgen entfernen genau den Teil des Magens, der das Hormon Ghrelin ausschüttet, welches für das Hungergefühl verantwortlich ist. Die Gewichtsabnahme von Patienten mit Schlauchmagen bewegt sich in einer erheblichen Differenz von 33 bis 83 Prozent. Langzeitstudien liegen für dieses adipositaschirurgische Verfahren bisher nicht vor.
Bei einem Magenbypass wird der Magen in zwei Bereiche geteilt. Eine kleine Magentasche verbleibt hinter der Speiseröhre und sorgt für ein nur geringes Volumen zur Nahrungsaufnahme. Der zweite Teil des Magens bleibt voll funktionstüchtig, allerdings erfordert die Operation zum Magenbypass auch eine Umleitung des Dünndarms. Die eigentliche Verdauung erfolgt dann erst im mittleren Dünndarm. Der Nachteil dieses adipositaschirurgischen Eingriffs sind Mangelerscheinungen von Vitaminen und Mineralstoffen. Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ist deshalb ein Leben lang erforderlich. Der durchschnittliche Gewichtsverlust liegt zwischen 50 und 60 Prozent.
Bei adipositaschirurgischen Eingriffen besteht die Möglichkeit der Kostenübernahme durch die jeweilige Krankenkasse des Patienten. Der Weg zur Genehmigung ist allerdings steinig und meist sehr zeitintensiv. Die erste Voraussetzung ist die konservative Therapie, also das Befolgen des multimodalen Konzepts in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten.
Hat diese Behandlung nicht den gewünschten Erfolgt gebracht, kann der Patient einen Antrag auf Kostenübernahme für einen adipositaschirurgischen Eingriff bei seiner Krankenkasse einreichen. Der Antrag wird vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) geprüft.
Der Antrag sollte folgende Unterlagen beinhalten:
Bei Ablehnung des Antrags kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden.
Sabrina Mandel
Die Leitlinien zur Therapie und Prävention von Adipositas finden Sie auf der Seite der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e. V.